„Es war alles gut in meinem Leben“ - Gespräch mit Pfarrerin i.R. Sabine Haussner

„Es war alles gut in meinem Leben“ - Gespräch mit Pfarrerin i.R. Sabine Haussner

„Es war alles gut in meinem Leben“ - Gespräch mit Pfarrerin i.R. Sabine Haussner

# Gemeindeleitung

„Es war alles gut in meinem Leben“ - Gespräch mit Pfarrerin i.R. Sabine Haussner

Ein Gespräch mit Pfarrerin im Ruhestand Sabine Haussner. Ich habe sie zusammen mit Pfarrerin Claudia Schäfer im Altersheim „Zum guten Hirten“ besucht, im Februar diesen Jahres feierte sie ihren zweiundneunzigsten Geburtstag.

Frage: Wie geht es ihnen im Moment?
In meinem Alter muss man mit Kompromissen leben. Nach einer schlimmen Erkrankung vor drei Jahren konnte ich mein bisher selbständiges Leben in der eigenen Wohnung nicht mehr aufrecht erhalten. Der Abschied von so vielem Vertrauten fällt schwer. Auch meine Bewegungsfreiheit und mein Sehvermögen ist stark eingeschränkt, so dass ich mich über Besuche und Gespräche freue.

Frage: Sie haben in ihrem Leben schon viel erlebt, eine kleine Bilanz?
Die Anfangsjahre als Pfarrerin im Lehramt an der Schule waren schon recht schwer. Ich fing in Arnsberg 1964 als Vikarin an und wurde hier Pfarrerin im Lehramt am Mariengymnasium, damals noch als „Nonnenranch“ bezeichnet, weil es noch viele Schulschwestern im Unterricht gab. Es galt, sich gegen viele Vorurteile durchzusetzen, was ich auch getan habe. Ich bin meinen eigenen Weg gegangen, habe meine Überzeugungen bewahrt. Und so kann ich rückblickend gerne sagen „Es war alles gut in meinem Leben“.

Frage: Woran denken sie gerne zurück?
Ich denke mit großer Dankbarkeit an die vielen Schülerinnen zurück, die ich in ihren jungen Jahren begleiten durfte. Damals, so mein Eindruck, gab es noch eine stärkere Beziehung zwischen Lehrpersonen und den Schülerinnen. Sie kamen über den Unterrichtsstoff hinaus in vielen Lebensfragen zu mir, es gab eine große Vertrauensbasis. Einige Beziehungen halten sogar bis heute an. Ich durfte ihren Lebensweg begleiten, habe auf besondere Bitten hin sogar Eheschließungen vornehmen dürfen, damals eigentlich ein Privileg von Gemeindepfarrern. Aus dem Start an „meiner“ Schule ist schließlich „lebenslänglich“ geworden.

Frage: Und was war nicht so schön?
Es war schon hart in den ersten Jahren, Pfarrer waren fast ausschließlich Männer, Frauen hatten es sehr schwer. Zwar durften sie Theologie studieren, aber eine Anstellung zu finden, war nicht einfach. Im Zuge meiner Ausbildung musste ich mir Sprüche anhören wie „Sie sind ja alle vier Wochen nicht voll leistungsfähig“ oder „von Ihnen nehme ich kein Abendmahl an“.

Frage: Haben sie sich auch in der Kirchengemeinde Arnsberg engagiert?
Es gab ja den Gemeindepfarrer bzw. die vielen Gemeindepfarrer in dieser Zeit, die ich parallel begleiten durfte. Ja, ich durfte kirchliche Handlungen wie Taufe, Hochzeit und Beerdigungen vornehmen, aber es blieben Ausnahmen. Aber in Gottesdiensten als Predigerin habe ich mich wohl gefühlt, meine Sprache war verständlich, aus der Arbeit mit den Schülern gewachsen. Nach meiner aktiven Lehrerzeit habe ich mich in der damals noch bestehenden „Evangelischen Akademie“ engagiert, Vorträge gehalten, vermittelt, Bibelabende verantwortet und vor allem mit diskutiert über Fragen zur Theologie, aber auch zu weltlichen Themen.

Frage: Sie blieben unverheiratet?
Eigentlich war dies nicht mein Lebensplan. Ich hatte innige Freundschaften, sogar einen Berufskollegen, den ich sehr geschätzt habe, mochte. Aber es war meine Überzeugung, dass er eine große Aufgabe in seinem Heimatland, in Südafrika, zu übernehmen hatte. Und damals galt zunächst, wenn eine Vikarin heiratete, wurde sie aus dem Dienst entlassen. Ehefrauen und Mütter, davon war man damals überzeugt, könnten keine Pfarrerinnen sein. Aber dann hatte ich mich auf das Alleinsein eingelassen, noch zwei Mal „nein“ gesagt.

Frage: Waren sie eine Feministin?
Zu meiner Zeit gab es diese Begrifflichkeit noch nicht. Ja, ich habe gerne gestritten, für die Sache, für die Gleichstellung von Männern und Frauen auch in der Kirche. Wir haben in der Evangelischen Kirche lange gebraucht, bis wir dies erreichen konnten. Und ich ermuntere meine katholischen Schwestern nicht nachzulassen in ihren Forderungen nach Gleichstellung, Anerkennung für die Leistungen in gleicher Sache.

Frage: Wie begleiten sie heute das Leben in der Gemeinde?
Der regelmäßige Gottesdienstbesuch ist mir leider aufgrund meiner eingeschränkten Mobilität nicht mehr möglich. Ich freue mich auf die Andachten hier im „Haus zum guten Hirten“, lese gerne die Gemeindebriefe, erfahre über die vielen Veränderungen im Gemeindeleben, die Aufgabe vieler liebgewordener Gebäude, die mit persönlichen Erinnerungen verbunden sind. Und ich erfahre vom Rückgang der Gemeindeglieder, die sich nicht mehr der christlichen Gemeinschaft verbunden fühlen. Ich bin überzeugt, dass dies auch persönliche Verluste für jeden Einzelnen beinhaltet. Innehalten, Konzentration auf sich und seine Umwelt, Kraft jenseits von Begreiflichem zu erfahren, dem Sinn des Lebens nachzuspüren sind es wert, ihnen Raum zu geben.

Interview: Friedhelm Walter

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